Vorstellung: Gisela Brettschneider, geb. 01.01.1952 in Cleeberg/Hessen.
Den Traum, den wir hatten, mein Mann Dirk und ich
„Die Zukunft gehört jenen, die an ihre Visionen glauben“
haben wir im November 2008 verwirklicht. Auf der Azoreninsel Sao Miguel fanden wir unser Traumgrundstück, bauten unser Traumhaus auf einer Trauminsel oberhalb des Fischerdorfes Mosteiros.
Zuvor hieß es, die Zelte in Deutschland abzubrechen, Abschied zu nehmen von Freunden und Arbeitskollegen. Ich zweifelte: War ich zu alt, mit 55 Jahren? Ein neues Land, neue Sprache, schafft man das? Los ging es mit den Vorbereitungen: Haus verkaufen, Container bestellen, beladen mit allen Dingen, die mit mussten. Unsere kleine Hündin, meine treue Begleiterin, die ich vor Jahren aus Spanien gerettet hatte, verstarb ein Jahr zuvor im stattlichen Alter von 19 Jahren. Sie war die treueste Seele, die es je gab. Sie begleitete mich täglich zur Arbeit, sie war unser „Postmaskottchen“ am Postschalter. Für mich stand damals fest, niemals wieder einen Hund zu adoptieren, da ich immer vergleichen würde, was aber unfair wäre. Unsere Katze musste natürlich mit, aber am Morgen des Abfluges war sie nicht da! Typisch Katze, für sie aber trotzdem sehr ungewöhnlich. Irgendwann kam sie dann doch ganz gemütlich um die Ecke, so dass wir fast unseren Flug verpassten, denn ohne unsere Katze wären wir nicht geflogen. Grosse Aufregung also, die den Abschiedsschmerz verdrängte. Im November 2008 landeten wir glücklich auf unserer Trauminsel Sao Miguel, im Azorenparadies.
Die Azoren sind tatsächlich ein kleines Paradies. Ideal, um sein Rentnerdasein zu genießen. Bald mussten wir feststellen, dass es das Paradies für die meisten Tiere hier nicht gibt. Wir wurden konfrontiert mit ausgesetzten Hunden, mit Katzen auf den Grillplätzen, die sich pausenlos vermehrten, krank und elendig wirkten. Also doch kein Paradies? Nein, nicht für alle Lebewesen.
Was tun? Wegschauen? Nein, auf gar keinen Fall! Helfen ja, aber wie? Ganz schnell hatten sechs Hunde und eine Katze bei uns Einzug gehalten. Nun musste eine andere gute Idee her, wie man den Hunden, Katzen helfen könnte, die wir immer wieder fanden. Durch Zufall lernte ich eine deutsche Tierschützerin kennen, Marion Schaefer. Sie war auf Azorenurlaub und erkannte sofort das Tierelend. Sie war nun im Begriff einen Verein zu gründen, um gezielt helfen zu können. Dafür suchte sie Hilfe vor Ort. Welch ein Zufall, Glücksfall, Bestimmung, dass Marion und ich uns kennen lernten. Wir hatten die gleichen Ziele, wir beschlossen gemeinsam einen Weg zu finden, um den Katzen und Hunden zu helfen. Marion Schaefers Verein „Angel da Relva e.V.“ war gegründet.
Nun ging es los, Kliniken zu finden, mit denen wir zuverlässig zusammen arbeiten können würden. Es gab viel zu tun: wildlebende Katzen auf den Grillplätzen einfangen, Futterstellen einrichten, auf FIV und Leukose testen, Katzenschnupfen behandeln, kastrieren, wieder in ihre bekannten Plätze entlassen, die zahmen Katzen versuchen zu vermitteln. Mit ortsansässigen Organisationen Vereinbarungen treffen, die die Grillplätze und die Katzen betreuen und bei Fangaktionen helfen würden. Leider werden immer wieder Hunde ausgesetzt, unversorgt auf Feldern angebunden oder in leeren Häusern zurückgelassen von Leuten, die auswandern oder umziehen und ihre Tiere nicht mitnehmen. Ich werde angerufen und um Hilfe von Urlaubern oder anderen Tierschützern vor Ort gebeten, oder ich selbst finde Hunde, die ausgesetzt wurden. Oft sind sie verletzt, wurden gequält, sind halb verhungert.
Zu meinen sechs Hunden habe ich sehr oft Pflegehunde oder Hundemütter mit ihren Welpen bei mir, bis sie vermittelt werden. Um die Kosten zu reduzieren, ist es gerade bei Hundefamilien wichtig, sie auf Pflege zu nehmen, die Welpen dürfen erst mit drei Monaten gegen Tollwut geimpft werden und brauchen weitere drei Wochen bis sie ausreisen dürfen. Vier Monate lange und längere Klinikaufenthalte kann sich unser kleiner Verein nicht leisten. Diese Kosten übersteigen bei weitem die Schutzgebühr. Da muss man helfen und muss man eine Lösung finden. Manchmal denkt man, es ist nicht zu schaffen, man verzweifelt fast, es nimmt kein Ende, man kämpft gegen Windmühlen. Wenn die heimische Bevölkerung um Hilfe für ihre Tiere bittet, dann weiß man, dass man auf dem richtigen Weg ist. Dann hat man bei den Einheimischen das Bewusstsein geweckt, dass Tiere unsere Hilfe brauchen und nicht einfach weggeworfen werden dürfen.
Wie oft standen wir, Marion und ich, ratlos da. Wie sollen wir das finanzieren? Schon wieder ein neuer Hund, der Hilfe braucht! Wie vom Himmel geschickt, schrieb mich eine Mitarbeiterin der Lufthansa an. Sie hatte einen Azorenhund adoptiert, und verfolgte seitdem interessiert die Arbeit unseres Vereines. Ihre Idee war, dass ich unseren Verein als Projektpate bei Airliner4Animals e.V. vorschlage. Und tatsächlich, es glückte, wir wurden das dritte Projekt der Airliner4Animals e.V. – darauf sind wir stolz und dafür sehr dankbar. Nur deshalb können wir das sehr wichtige Kastrationsprojekt für Hunde und Katzen in diesem Umfange fortführen.
Genauso wichtig ist es, dass der Partner, in meinem Fall mein Mann Dirk, mit der Tierschutzarbeit einverstanden ist und mir zur Seite steht, mich mit vielen Arbeiten unterstützt, „groben Arbeiten“ wie er es nennt. Und dass er versteht und es akzeptiert, dass ich viele Stunden und Tage nur für die Tierschutzarbeit da bin. Der 50. Hochzeitstag liegt bereits hinter uns und wurde von ihm vergessen!
Im Mai 2018 besuchte uns der Vorsitzende des Vereines Airliner4Animals, Samuel Schäfer, hier auf der Insel. Das VOX Team berichtete in fünf Sendungen von unserer Tierschutzarbeit.
Es gibt viele Geschichten, die ich hier schreiben könnte, die alle ziemlich traurig sind, aber fast immer glücklich enden.
Ist es das Paradies, von dem ich zu Anfang schwärmte? Nein, das ist es nicht! Es ist ein wunderschönes Land, üppige Vegetation, gutes Klima und nette Menschen, denen man gerne mitteilen möchte, dass Tiere Lebewesen sind, die Liebe und Respekt verdienen. Vielleicht gelingt es irgendwann, die Menschen davon zu überzeugen. Ich glaube daran und deshalb mache ich weiter, zusammen mit meinem Verein der Tierhilfe Angel da Relva e.V. und Marion Schaefer, die inzwischen zu einer guten Freundin wurde, nach mehr als 10-jähriger guter Zusammenarbeit.